Leseprobe: | |
Die alte Halle | |
Der Stadtschreiber | |
Der Wind pfiff eisig durch die Ritzen. Manchmal summte er anmutig, sang seinen Weg durch die alte Halle, doch dann wurde er wieder hysterisch, jammerte und schrie, rüttelte und schabte am Blechdach. Aber wenigstens war es hier drinnen trocken. Steve zog die alte Decke enger um seinen Körper und mit einer zweiten Decke wickelte er die Füße ein. Seine Stiefel standen in der Ecke, ausgestopft mit altem Zeitungspapier, das er unter einem eisernen Regal gefunden hatte. Der Schein eines Feuers wärmte sein Gesicht und ließ seine Falten zu flüchtigen Furchen anwachsen. Er fror erbärmlich und langsam reifte der Gedanke, dass er wohl oder übel auch die restlichen feuchten Kleidungsstücke ausziehen musste, jedenfalls wenn er die Chance auf eine Lungenentzündung nicht sofort ergreifen wollte.
Er warf zwei Holzscheite in die Feuerstelle, fluchte laut und stieß, während er sich die Kleidung vom Leib riss, kurze, tiefe Laute aus. Die klammen Wäschestücke drapierte er auf den alten Grubenfahrzeugen neben dem Feuertopf, damit sie trocknen konnten. Als er, nur mit T-Shirt, Unterhose und Strümpfen bekleidet, die Decken abermals um seinen Körper schlang, bemerkte er, dass sie kratzten, vermodert rochen und voller Löcher waren. Er wischte das aufkommende Gefühl von Ekel beiseite. Im Moment hatte er sowieso keine andere Möglichkeit, sich warm zu halten. Den Schlafsack konnte er noch nicht benutzen.
Steve starrte in das Feuer, lauschte seinem Knacksen und Knistern, den Oberkörper sanft vor und zurück wiegend. Er musste etwas essen, sofort, danach würde ihm wärmer werden. Nachdem er das Papier und den Deckel von der kleinen Dose Ravioli entfernt hatte, stellte er sie an den Rand des Feuertopfes und holte sie nach kurzer Zeit mit seiner Camperzange heraus. Den noch sauber gebliebenen Topf füllte er mit Wasser, stellte ihn auf das Feuer und betrachtete, während er die Nudeln verschlang, die aufsteigenden Luftbläschen.
Er würde diese Ravioli nicht noch einmal kaufen. Diesmal war die Entscheidung unwiderruflich. Nicht nur, dass diese verdammten Dosen zu schwer waren, um sie durch die Gegend zu tragen, sie schmeckten ihm auch nicht, eigentlich hatten sie ihm noch nie geschmeckt. Auch nicht als Kind, und da hatte er sie dauernd essen müssen, da sich seine Mutter von seinem Protest nie hatte beirren lassen und überzeugt gewesen war, dass das, was ihr gut schmeckte, irgendwann auch ihm schmecken müsse, schließlich waren sie ja blutsverwandt. Aber die Ravioli waren zumindest warm, mit jedem Löffel ging es ihm besser und die Kälte wich langsam aus seinen Knochen.
Steve schüttete den edelsten Arabica in den Topf, rührte einmal um und beobachtete, wie das Pulver langsam auf den Boden sank. Dann goss er den Kaffee in seinen Becher und wartete, bis sich der restliche Kaffeesatz auf dem Boden abgesetzt hatte. Er hielt den Becher unter seine Nase und genoss den bitter-warmen Dampf im Gesicht. Mit seiner Zunge betastete er vorsichtig den Blechrand. Die Erinnerung an seine alte Tasse, an der er sich regelmäßig die Zunge verbrannt hatte, war immer noch nicht verblasst, obwohl dies bald ein Jahr zurücklag. Doch der neue Becher war perfekt und das schwarze Elixier makellos.
Nachdem er eine Weile an seinem Kaffee genippt und dem hypnotisierenden Rhythmus der trommelnden Regentropfen auf dem Blechdach zugehört hatte, widmete er sich seinem klammen Schlafsack. Er breitete ihn vor dem Feuer aus, drehte ihn von Zeit zu Zeit und blickte abwechselnd auf die Flammen und auf den dunklen Fleck am Fußende des Schlafsacks.
Nein, dachte Steve, wenn er es besser angestellt hätte, wäre da kein verflixter Fleck. Aber der Andere hatte ihm keine Wahl gelassen. Der schmierige alte Scheißer. Den ganzen Abend hatte er ihm versaut mit den Geschichten aus seinen heroischen Tagen, hatte während des köstlichen Menüs – Reiseintopf, Käse und Kaffee – bis zum letzten Schluck durchgequatscht, stets darauf wartend, dass er, Steve, Laute der Bewunderung und Zustimmung von sich gab. Dieser Kerl, Dave, hatte über seine Sporterfolge im Fußball berichtet, über seine Blutgrätschen und seine famose Spieltechnik. Danach hatte er mit seinen Frauen geprahlt, wie die ihn anhimmelten und ihm verfallen waren, hatte erzählt, wie er beinahe Abteilungsleiter einer Drogeriefiliale geworden wäre, nur dass kurz vor seiner Beförderung die Affäre mit der Frau des Geschäftsführers rausgekommen war. Und wie er die Schlampe des Chefs damals flachgelegt hatte, im Warenlager, auf der Frauentoilette, keinen Tisch hatten sie ausgelassen. Er hatte immer nur seine Hand zwischen ihre Schenkel schieben oder den Schlüpfer mit zwei Fingern ein kleines Stück zur Seite ziehen müssen und schon war die vor ihm auf den Knien rumgerutscht. Er wusste halt, wie man es macht.
Steve hatte versucht, nicht so genau hinzuhören, die Geschichten zu ignorieren, aber die Stimme des Arschlochs war zu laut gewesen. Dazu kam noch das kehlige Lachen und die unerträgliche Angewohnheit, ihm zwischendurch leicht in die Rippen zu stoßen oder auf die Schulter zu klopfen. Es war, als ob er ihn daran erinnern wollte, dass jetzt der Moment für Teilnahme und Zustimmung gekommen sei, für ein „Wirklich“, „Ist nicht wahr“, „Das hast du gemacht“. Das hätte er nicht tun dürfen, es war respektlos, eine Zumutung und eine Beleidigung des Geistes. Gut, er hätte ihn vorher warnen können, er hätte auch sagen können, „Verpiss dich, es interessiert mich nicht, dass du so ein toller Typ bist“. Aber nein, er hatte es über sich ergehen lassen.
Steve schüttelte den Kopf und verdrängte das Gefühl von Selbsthass, den diese Gedanken in ihm auslösten.
Er hatte es geschehen lassen, schließlich war er völlig alleine an diesem langen Strand der Cardigan Bay gewesen, die nächsten Lichter bestimmt eine Meile entfernt, und er hatte nicht wissen können, ob da hinter den Dünen noch andere warteten, oder ob der alte Schmierlappen mit dem kehligen Lachen und der lauten Stimme nicht doch ein Messer unter seiner verblassten und verdreckten Daunenjacke trug.
Nein, der Idiot hatte es sich selbst zuzuschreiben. Er hatte ihn an den Rand der Beherrschung gebracht, hatte ihm, Steve, bald zwei Stunden lang klargemacht, warum er alleine unterwegs war, und nichts war geschehen. Kein böses Wort, im Gegenteil, er durfte sogar eine Tasse des Kaffees genießen, den er an diesem Tag frisch in einer Rösterei gekauft hatte.
Die Flammen des Feuers wurden kleiner und drückten sich näher an die glühenden Holzstücke. Steve legte ein paar Holzscheite nach. Um den Vorrat zu schonen, nahm er auch die schmalen Äste, die er noch eilig in der näheren Umgebung zusammengesucht hatte, als er hier angekommen war. Das Feuer qualmte heftig und der Rauch verfehlte zuweilen den Kaminabzug im Dach der Halle. Rund um den Abzug war die Decke stark mit Ruß eingeschwärzt und Steve fragte sich, wann hier wohl das letzte Feuer entzündet worden war. Er drehte sich eine Zigarette.
Im Grunde hatte er sich gut im Griff, seine Unbeherrschtheit war Vergangenheit. Die war noch aus der Zeit, in der er selbst solche Geschichten erzählt hatte, ähnliche Geschichten, Geschichten, die auf dem gleichen Ton bliesen. Ja, da war er schon mal ausfallend geworden und ja, er hatte auch seine Fäuste benutzt. Nur um zu sagen, du bist das Arschloch, nicht ich. Aber das war lange her. Da hatte er noch keinen Hightechoutdoortrinkbecher und auch noch keinen Scheißblechbecher, der immer zu heiß wurde, besessen.
Und jetzt tropfte dieser verfluchte Sackkratzer in sein Leben, für diesen kurzen Moment, der schon vergangen war, kaum dass er begonnen hatte, und hinterließ eine Blutspur.
Er seufzte, füllte seinen Kaffeebecher mit Whisky – Laphroaig von der Insel Islay – schloss die Augen, ließ den Duft durch seine Nase steigen, genoss die Geschmacksexplosion im Mund, drückte den Whisky zart mit der Zunge gegen den Gaumen und ließ ihn langsam, ganz langsam, die Kehle hinabsinken. Der Geschmack war einzigartig, er war so gut, dass er den Becher gleich nachfüllen musste.
Dann ergriff er die Wasserflasche, zog sein Regencape an und ging vor die Tür, um den Blutfleck mit kaltem Wasser auszuwaschen. Restlos gelang es nicht, es blieb ein schwacher Schatten zurück, den man vermutlich auch noch sehen würde, wenn die feuchte Stelle getrocknet war.
Steve fühlte Wut in sich aufsteigen, als er zur Feuerstelle ging, unbändige Wut, die sich in seinem Bauch zusammenrottete und nach oben drängte. Diese miese Ratte hatte ihm die Nacht versaut und jetzt hinterließ er auch noch ein Andenken auf seinem Schlafsack, ausgerechnet auf seinem Schlafsack, seinem wichtigsten Utensil überhaupt, seinem Bett, seiner Wärmstätte.
„Dieser gescheiterte Superheld“, sagte er laut, „der hatte kein Recht dazu, mich mit seinen Kotz-, Sieg-, und Vögelgeschichten zu belämmern. Aber, er hat es getan. Er hat es getan und getan und ich war, ja, ich war freundlich. Ich habe ihn gewähren lassen, habe ihn nicht fortgeschickt, habe ihn ertragen. Ich habe sogar zugestimmt, als er fragte, ob er an meinem Feuer ein paar Stunden schlafen dürfe, weil er jetzt sehr müde und zu Hause gerade dicke Luft sei.“
Leicht irritiert von seinem Selbstgespräch setzte er sich wieder, ergriff den Becher und hielt ihn mit beiden Händen fest, während sein Blick sich in die Flammen bohrte.
Es war ihm völlig klar gewesen, dass das nicht stimmte, dass er wohl eher kein Zuhause hatte, jedenfalls keines, das so genannt werden konnte. Aber es war auch völlig klar, dass man dem Anderen sein Gesicht belässt, dass man da nicht auflacht und sagt, nun komm, sag, wie es ist, wir sind doch alle Gestrandete. Ja, er war verdammt noch mal anständig gewesen und hatte es dafür etwa einen guten Grund gegeben? Nur den üblichen, jedem seine Fresse lassen, bis es einer halt übertreibt.
Er zog den Schlafsack näher an das Feuer ran.
Sie hatten noch ein wenig getrunken gestern Abend, bis der alte Schmierlappen kundgetan hatte, dass er hundemüde sei und ein Nickerchen machen müsse und dass da seine Alte schön blöd gucken würde, wenn er nicht nach Hause käme. Daraufhin hatte der seine dicke Jacke eng um den Körper gezogen und sich auf ein paar alten Zeitungen zusammengerollt.
Steve hatte auf das schwarze Meer gesehen, das im Dunkeln kaum zu erkennen war, und er hatte diese Wut im Bauch gehabt. Eine Wut über all die Geschichten und darüber, dass er sie sich angehört hatte, den ganzen Abend diesen Scheiß angehört hatte, und auch darüber, dass dieser Typ am nächsten Morgen wahrscheinlich immer noch da sein würde.
Trotzdem, es war nichts passiert, er hatte nur dieses Gefühl gehabt und sich damit in seinen Schlafsack gehüllt. Vorher hatte er seine Wertsachen in den Schlafsack gestopft und den Rucksack unter die Beine geschoben, weil ihm das angenehm war für das Schlafen, aber auch, damit er ihn spüren konnte.
Denn getraut hatte er dem alten Sack nicht und wissen wollen, was Sache ist. Nach fünf Minuten hatte er mit dem Schnarchen begonnen, auf das er sich sehr authentisch verstand, und es hatte nicht lange gedauert, da war das Arschloch zu ihm hingekrochen und hatte sich an seinem Rucksack zu schaffen gemacht.
Steve war wie eine Feder hochgeschnellt, hatte seinen Arm vom Rücken nach vorne sausen lassen und weil er ihm ja nicht getraut hatte, diesem Angeber, war da dieses Messer in seiner Hand gewesen, das butterweich in den Körper eingedrungen war. Dann hatte er es blitzschnell rausgezogen und ihn angebrüllt, er solle sich nun endlich verpissen, wenn er auch nur einen Cent an seinem Leben hinge.
Der alte Kotzbrocken war so überrascht gewesen, dass er ihn erst wie versteinert angestarrt hatte, bevor es mit dem Schreien und Zetern losgegangen war. Bis der seinen verletzten Arm endlich an seinen Körper gepresst hatte, war der Schlafsack schon eingesaut gewesen. Steve hatte wie ein lauerndes Tier vor ihm gestanden, bereit, jeden Angriff zurückzuschlagen, doch der Alte hatte nur gejammert, gegen seinen Rucksack getreten und ihn beschimpft.
„Du Hurensohn“, hatte der zu ihm gesagt. „Ich werde die Polizei holen, die buchten dich ein, aber vorher schicke ich dir noch ein paar Freunde vorbei. Was denkst du? Du bist wohl lebensmüde?“
Schließlich war er davongelaufen.
Steve wickelte die stinkende Decke enger um seinen Körper, rauchte eine weitere Zigarette und nippte an dem Whisky.
Keine fünf Minuten waren vergangen nach dem überstürzten Aufbruch seines Gastes, da hatte auch Steve seine Sachen zusammengepackt und war den Strand entlang gehetzt. Er konnte noch das Knacken der Muschelschalen und das Knirschen des Sandes unter seinen Füßen hören. Er hatte nicht vorgehabt, die Küste so schnell zu verlassen. Diesmal war es nicht seine Entscheidung gewesen, einfach abzuhauen, möglichst schnell wegzukommen. Nein, dieser selbstherrliche Idiot hatte ihm das eingebrockt, mitten in der Nacht, und es hatte ihm nicht gefallen.
Nach einigen Hundert Metern war er durch die von Schilfgras zusammengehaltenen Dünen und über eine nasse Grasmatte gestiegen, die zur Straße führte. Er wusste, dass es in der Nähe einen schmalen Pfad entlang eines Baches gab, der sich bis zu einem kleinen See hochzog und dort auf einen Forstweg traf, der in die Berge führte. Zum Glück hatte er den Einstieg gleich gefunden, aber in der Dunkelheit war der Weg kaum zu erkennen gewesen und er hatte seine Taschenlampe auspacken müssen. Geflucht hatte er, über die vielen Gatter auf dem Weg und dann über den Regen. Erst waren nur feine, nieselnde Tropfen gefallen, doch bald schon hatte es in Strömen gegossen. Die beiden Tüten mit den Lebensmitteln, die nicht mehr in seinen übervollen Rucksack hineingepasst hatten, waren nass geworden und er hatte gehofft, möglichst bald einen trockenen Unterschlupf zu finden. Eine offene kleine Steinhütte an seinem Weg war dann die Rettung gewesen. Er hatte seinen Schlafsack ausgepackt und zu dem Geist der Nacht gebetet, er möge ihn bis zur Helligkeit in eine Art Koma fallen lassen, um zu vergessen.
Er stellte den Becher an die Seite und betrachtete seine Hände über dem Feuer. Sie waren rau und rissig, sahen alt und strapaziert aus. Er würde etwas dagegen tun müssen, sobald er in das nächste Tal abstieg. Sein Körper war ihm wichtig, sehr wichtig sogar. Er achtete auf ihn, er schonte und pflegte ihn, wann immer es ihm möglich war, denn sein Körper war seine Versicherung, sein Kapital und sein Haus.
Doch das Feuer war auch wichtig, es wärmte seinen Körper und es spendete Licht. Für einen Augenblick ließ er sich von dem Tanz des Feuers fesseln. Die Flammen umschwärmten das Holz, sie schwebten so anmutig, sanft und schwerelos auf seiner Oberfläche, als könnten sie ihm keinen Schaden zufügen, und dennoch verkohlte es unter ihren Bewegungen.
Der Geist des Schlafes war ihm gnädig gewesen, doch am Morgen hatte es immer noch kräftig geregnet. Er hatte gefroren und auf keinen Fall in diesem Steinverschlag ausharren wollen, aus dem die Tür und ein paar große Steinbrocken rausgebrochen waren. Die Hütte war zu windig, zu klein und zu nass gewesen. Auf der Karte hatte er sehen können, dass es in der Nähe eine alte Mine am Tan Graig gab und gehofft, dass es die Kupfermine sein würde, in deren Nähe die alte Halle stand, in der er schon mal übernachtet hatte.
Ein steiniger und steiler Bergpfad, auf dem ihm unentwegt das Wasser entgegengeflossen kam, hatte ihn zu dem alten Minenweg hinaufgeführt, vorbei an unzähligen, dicht an den Steinmauern geduckten Schafen. Steve hatte die Tiere um ihren Pelz beneidet und war froh gewesen, dass er ein paar große, stabile Mülltüten gekauft hatte, die seinen Schlafsack und den Rucksack schützten. Auch sein Regencape hatte sich bewährt, nur dass er trotzdem nass geworden war, vor Anstrengung und weil sich die Feuchtigkeit durch jede nur erdenkliche Ritze hindurchgezwängt hatte.
Am Nachmittag hatte er schließlich die alte Halle auf dem Plateau vor dem Tan Graig erreicht, die ihm gleich vertraut vorgekommen war. Sicher war er aber erst gewesen, nachdem er sie betreten und in der hinteren rechten Ecke einen Stapel Holz und einen Haufen alter Kohlen hatte liegen sehen. Das war ein wirklich schöner Anblick gewesen.
Am Samstag, dem 13. Dezember, wachte der Stadtschreiber schweißgebadet auf, versuchte seine Traumbilder loszuwerden und brauchte ein paar Minuten, bis ihm klar wurde, dass ihn seine Mutter heute tatsächlich besuchen würde. Er hatte es seit Wochen verdrängt, weil sie so störrisch war und es einfach nicht wahrhaben wollte, dass er mit seinen vierzig Jahren immer noch keine Frau hatte und voraussichtlich auch keine Enkel mehr in die Welt setzen würde, die sie, weil sie als Rentnerin nun viel Zeit hatte, betüddeln konnte. Sie fing ohne Scheu und Taktgefühl bei jedem ihrer Treffen davon an und hatte vermutlich den Verdacht, er sei schwul. Obwohl sie ihn nie danach fragte, hörte der Stadtschreiber das sehr wohl aus ihren Andeutungen heraus. Zum Beispiel wenn sie sagte: „Na ja! Sind halt nicht alle so gestrickt, dass sie es ein Leben lang mit einer Frau aushalten.“ Manchmal merkte sie auch bloß an: „Du kannst nicht dein ganzes Leben allein hinter dem Schreibtisch verbringen.“
Da nutzte es auch nichts, wenn er darauf hinwies, dass er regelmäßig spazieren ging, im Restaurant aß und seinen Tee im schönsten Café des Ortes zu sich nahm. Ebenso wenig beeindruckte es sie, wenn er von seinen Treffen mit dem Bürgermeister, anderen Literaten und seinem Verleger oder von diversen Workshops berichtete. „Du bist zu viel alleine!“, sagte sie, „du musst mehr unter Leute gehen! Wie willst du jemals eine nette Frau, also einen Partner, kennen lernen?“
Und diese Formulierung, also einen Partner, die wusste der Stadtschreiber schon zu deuten, doch seine Mutter lag falsch. Seine Geschlechtsgenossen hatte er nach einem kurzen Experiment mit seinem besten Freund in sehr jungen Jahren als Partner abgeschrieben. Vielleicht weil es ihm nicht so viel Spaß gebracht hatte und er immer unsicher gewesen war, wie er sich verhalten sollte. Vielleicht auch, weil sein bester Freund damals noch andere beste Freunde hatte. Aber darüber dachte er nicht mehr nach.
Die Aufregung über das eintropfende Wasser am gestrigen Freitag hatte dazu geführt, dass er diesen Besuch fast vergessen hätte. Draußen war es noch dunkel, doch er konnte es sich heute nicht leisten, auf das biorhythmisch verträgliche Tageslicht zu warten, und schoss für seine Verhältnisse zügig nach dem ersten Kaffee aus dem Bett. Gleich darauf machte er sich daran, seine bescheidenen zwei Zimmer in einen Zustand zu versetzen, der seiner Mutter keine schlaflosen Alptraumnächte bereiten würde. Erst kam das Geschirr dran, dann schrubbte er den Boden, putzte das Badezimmer, stopfte seine Wäsche in die Waschmaschine und hoffte, dass aus dem Wäschehaufen ein Teil des Geruchs kam, der ihn letzte Woche schon mal dazu veranlasst hatte, Kühlschrank und Küche nach alten vernachlässigten Käseecken abzusuchen. Nach zwei Stunden war er wieder schweißgebadet und sicher, dass er am nächsten Tag Muskelkater bekommen würde von so viel körperlicher Betätigung unter Zeitdruck.
Diesen Besuch hatte er nicht verhindern können. Er hatte sie schließlich selbst eingeladen, hatte seiner Mutter, Margret Wright, versprochen, mit ihr das Folklorefest „Traditional Songs“ im White Owl in Llanfor zu besuchen, das zweimal im Jahr stattfand. Jeder durfte bei diesem Fest nach Voranmeldung ein bis drei Lieder seiner Wahl vortragen, sie mussten eben nur Traditionals sein, und der Begriff wurde inzwischen ziemlich breit ausgelegt. Sie war damals dauernd krank gewesen und depressiv, ohne Lebenslust, und wollte nicht, dass er nach Barwyth zog. Er sollte in der Stadt bleiben, in ihrer Nähe, und um das Jammern am Telefon zu beenden und ihr eine Freude zu machen, hatte er sie daran erinnert, dass in unmittelbarer Nähe seines neuen Wohnortes dieser Folkloreabend veranstaltet wurde, den sie mit seinem Vater öfters besucht hatte. Sie war sofort begeistert gewesen, hatte keine weiteren Fragen über sein Liebesleben gestellt und nun war es eben so weit. Doch wenn er in sich hineinhörte, was er ja öfters tat, wenngleich seine Abhöraktionen weder nennenswerte noch erbauliche Ergebnisse erbrachten, verspürte er auch eine gewisse Freude, Freude darüber, seine treue Ernährerin aus den ersten Jahrzehnten seines Daseins wiederzusehen. Und streng genommen gab es keinen Menschen auf dieser Erde, den er so lange kannte und der immer noch den Kontakt mit ihm suchte.
Nach einer kurzen Pause, die er sinnierend am Schreibtisch verbrachte, ordnete er ein paar Papiere dekorativ auf seiner Arbeitsfläche, fegte mit einem Staublappen durch diverse Ecken, entdeckte größere Staubfäden in einer Zimmerecke, durchsuchte den Rest der Wohnung nach weiteren Staubfäden, fand aber keine, und befand seine Arbeit als getan, auch weil der Zug in Kürze am Bahnsteig ankommen und seine Mutter ihn dort erwarten würde.
Er nahm den Bus und kam gerade noch rechtzeitig an, um zu beobachten, wie sie sich mit ihrem Koffer aus dem Abteil herausbemühte. Doch sie sah gut aus, sie sah sogar sehr gut aus, verdammt braun und aufgeräumt.
„Hallo Mum, schön, dass du da bist. War die Zugfahrt angenehm?“
„Ja, ja, sehr, sehr nett. Warte, ich komme gleich.“
Sie ließ ihren Koffer neben ihm stehen und wandte sich einem älteren Herrn zu, der ebenso freudig dreinblickte wie seine Mutter, und dann quatschten sie. Sie redeten und redeten und der Stadtschreiber wurde langsam ungeduldig, obwohl er ja eigentlich die Ruhe weghatte.
„Das war Pete Stinger, den habe ich auf der Zugfahrt kennen gelernt und er war auch letztes Jahr in Mexiko. Stell dir vor, zur gleichen Zeit wie ich und sogar am gleichen Ort. Da hatten wir viel zu erzählen.“
„Schön, schön“, log der Stadtschreiber, „willst du etwas essen gehen? Hast du Hunger?“
„Nein, gehen wir zu dir, ich will sehen, wie du wohnst.“
Er versuchte die Mundwinkel zur Seite wegzuschieben, doch seine Gesichtsmuskeln schienen eingefroren zu sein. Das kam vermutlich von der Warterei.
Kaum dass sie seine Wohnung erreicht hatten und seine Mutter immerzu lustig über Pete und Mexiko plaudernd die ersten Blicke durch sein Heim geschickte hatte, entspannte er sich, denn es folgten keine Entsetzensschreie, keine Empörung und keine mitleidigen Seufzer. Es folgte eigentlich gar nichts, nur dass sie sich etwas erschöpft auf sein Sofa pflanzte und einen Kaffee wollte.
„Sag mal“, rief sie ihm zu, „bevor ich es vergesse. Hast du was von Susan gehört?“
Dieses Mal ließ sie sich nicht viel Zeit, um die Stimmung zu versauen. Der Stadtschreiber verspürte den Drang wegzugehen, was aber keine realisierbare Option darstellte, und so versuchte er es stattdessen mit Ignoranz.
„Oh, du hast ja viel zu tun“, wechselte sie das Thema, „all die Papiere hier. Bist du denn schon fertig mit deinem neuen Buch?“
„Mmh“, antwortete er so leise, dass sie es wohl kaum hören konnte, in der schieren Hoffnung, dass wiederum die nächste Frage die ersten beiden in Vergessenheit bringen könnte. Möglicherweise war das überhaupt eine gute Strategie für diesen Tag, bis sie am Abend den keltischen Liedern lauschen konnten.
„Weißt du, wen ich neulich getroffen habe?“
Das waren ihm die liebsten Fragen, die, die gestellt wurden, ohne dass man darauf antworten musste, die geradezu in der Absicht gestellt wurden, dass man selbst weiterreden und es als Dienst am Zuhörer verkaufen konnte, denn der musste ja nun von seiner Unwissenheit befreit werden.
„Mmh“, sagte er, ohne dass er sich selbst hören konnte.
„Susan.“
Der Stadtschreiber fröstelte am linken Knöchel und zog seine Socke ein wenig höher. Er nahm sich fest vor, demnächst neue Socken zu kaufen, da die alten ziemlich ausgeleiert waren und immer in den Schuh hinunterrutschten. Ansonsten sagte er nichts, noch nicht einmal Mmh.
„Hast du mich verstanden, Tom? Susan. Ich habe Susan getroffen.“
„Ja, ich habe dich verstanden. Und? Was hat sie gesagt?“
Er war überrascht, wie leicht sich danach fragen ließ.
„Oh, sie hat nicht viel erzählt. Wir haben uns in einem Buchladen getroffen. Der an der Ecke der George Street, weißt du? Ausgerechnet in einem Buchladen.“
Sie lachte, aber der Stadtschreiber konnte daran nichts komisch finden, weil er in manchen Sachen eben keinen Spaß verstand, jedenfalls nicht sofort.
„Sie hatte eine rote Bluse an und einen schwarzen Rock. Dazu hohe schwarze Stiefel und einen blauen Schal über der roten Bluse. Und sie hat sich ein Buch über Gartenkram und eins über Inneneinrichtungen gekauft, so einen Bildband.“
„Du hast aber genau aufgepasst.“
„Ja, und sie hat gesagt, dass sie wohl demnächst umziehen wird. Aufs Land, hat sie gesagt, in ein Haus mit Garten. Und sie wolle sich inspirieren lassen von den Büchern. Wie man was einrichten kann.“
„Mmh.“
Mehr fiel ihm dazu wirklich nicht ein und er wollte auch nicht darüber nachdenken. Später vielleicht, wenn er alleine war, aber nicht jetzt.
Er brachte den Kaffee und nun hatte seine Mutter doch diesen mitleidigen Blick aufgelegt, sodass er sich wünschte, sie möge wieder über Pete und Mexiko sprechen.
„Ich glaube, sie hat einen neuen Freund. Nein, ich weiß es, hat mir Joanne erzählt, und dann die Sache mit dem Landhaus. Aber sie hat sich nach dir erkundigt. Ich konnte ja nun nicht viel erzählen, weil du mir auch nie was erzählst, selbst wenn du mal anrufst, aber ich soll dich grüßen, ganz herzlich, hat sie gesagt.“
„Schön, ja, danke.“
Der Stadtschreiber hielt sich an seinem Kaffeebecher fest und versuchte, munter auszusehen. Er wartete auf weitere Fragen, Fragen nach seinem Liebesleben, ob er jemanden kennen gelernt habe – einen Partner vielleicht – warum er Susan nicht mal anrufe, warum er sie überhaupt verlassen habe, ob er auch so glücklich sei, doch er musste sich noch eine Weile gedulden, denn das Stichwort Joanne hatte zur Folge, dass seine Mutter über ihre Nichte herzog, die es einfach nicht fertigbrachte, ihren Hochschulabschluss zu machen, die bereits seit zehn Jahren studierte, Psychologie studierte, und verdammt gut war, nur gute Noten, die aber keinen Abschluss machte. Sie sei antriebsschwach, sagte seine Mutter, was man von Joanne nun wirklich nicht behaupten konnte. Sie habe Angst vor den Patienten, eine absurde Idee, die auf keinen Fall zutraf. Und sie interessiere sich nicht wirklich für die Leidensgeschichten ihrer Mitmenschen. Das kam, wie er es sah, der Sache am nächsten, denn Joanne interessierte sich zwar sehr für all das, was in den Seelen anderer so vor sich ging, aber eben bloß theoretisch. Helfen wollte sie ihnen nicht, sie wollte es nur wissen. Im Grunde war sie eine Wissenschaftlerin, wenngleich sie auch für diesen Beruf ungeeignet war, da sie nicht schreiben konnte. Sie konnte nur reden, über alles ausgiebig sinnieren, und darin war sie unschlagbar. Beständig sprudelten neue Ideen, Forschungsfragen und zu prüfende Thesen aus ihr heraus. Aber sie mochte sie nur aussprechen, sie mochte sie nicht hinschreiben, weil das Gespräch so flüchtig war, da konnte man stets sagen, nein, das habe ich so nicht gesagt, oder nein, das habe ich ganz anders gemeint. Demgegenüber stand das geschriebene Wort für jeden nachlesbar auf einem Blatt Papier und drückte eine Endgültigkeit und Verbindlichkeit aus, die sie auf keinen Fall wollte. Sie wollte nichts in die Welt setzen, das man ihr später schwarz auf weiß unter die Nase halten konnte. Hinzu kam jedoch, dass sie Geld hatte, eine Erbschaft, und sich in einem Reisebüro etwas dazuverdiente. Das reichte ihr.
„Mutter, Joanne arbeitet und sie studiert. Warum soll sie was anderes machen? Und sie hat Geld.“
Seine Mutter schien darüber nachzudenken, jedenfalls sagte sie nichts und er sagte auch nichts.
„Du solltest mehr unter die Leute gehen“, fügte sie nach einer geraumen Zeit dem Gespräch nicht wirklich hinzu. Sie murmelte es auch mehr in den Raum hinein, als dass er sich davon angesprochen fühlte. Dann zeigte sie auf seine Kommode in der Ecke.
"Und die Kommode da, die steht total schief. Die Schublade geht nicht mehr richtig zu. Habe ich vorhin probiert, während du in der Küche warst. Du solltest dir eine neue Kommode kaufen. Sieht traurig aus.“
Danach herrschte wieder Stille und der Stadtschreiber wusste, das war’s für heute. Mehr wird nicht kommen. Und er sollte Recht behalten.
Nach einer zweiten Tasse Kaffee ging er mit seiner Mutter durch den Ort spazieren, zeigte ihr die Innenstadt und den Küstenweg zum alten Leuchtturm. Anschließend suchten sie sein LieblingsCafé auf und der Stadtschreiber lauschte den Geschichten ihrer Reisen, hörte sich an, was sie über den Seniorentreff und die Gymnastikgruppe zu sagen hatte, erfuhr das Neueste von seinem Bruder in Phoenix und das war der Auftakt dazu, alle Angehörigen und gemeinsamen Bekannten durchzugehen, von denen sie etwas zu berichten wusste.
Am frühen Abend bestellte der Stadtschreiber ein Taxi und sie fuhren staunend durch eine verschneite Berglandschaft, die der Stadtschreiber in Wales so noch nicht gesehen hatte.
Als sie im White Owl ankamen, herrschte schon reger Betrieb, aber noch waren nicht alle Tische besetzt. Er steuerte auf einen Ecktisch zu, an dem ein älteres Paar saß, beide mit leicht geröteten Gesichtern, die ihnen freundlich zunickten und den Tisch mit ihnen teilen wollten. Seine Mutter sah glücklich aus, und während er die Getränkekarte studierte, begann sie sofort, mit den neuen Bekannten zu plaudern. Es stellte sich schnell heraus, dass nicht nur sie, sondern auch ihre alten Freunde das Fest schon öfters besucht hatten, und so langte der Gesprächsstoff eine Weile. Dem Stadtschreiber bot es die Gelegenheit, sich in aller Ruhe umzusehen, nachdem er für sich ein großes Lagerbier und für seine Mutter Wasser und Wein bestellt hatte.
Der Raum füllte sich zusehends und er staunte, wie sich die Kellnerin, die nicht sonderlich sportlich wirkte, geschickt zwischen den Tischen und Körpern hindurchschlängelte und ihre Getränke verteilte. Rechts neben der Theke befanden sich die Mikrophone und wurden gerade getestet. Gleich darauf begannen die Darbietungen mit Scarborough Fair, und der Stadtschreiber hatte ganz vergessen, wie kitschig das klingen konnte. Nach einem weiteren Lied des zumindest musikalisch harmonierenden Paares traten zwei Damen auf, die ihre Gesichter durch einen Farbkasten gezogen hatten und an der Clownsmaske gerade noch so vorbeigeschrubbt waren. Er war beeindruckt und seine Mutter noch mehr, denn sie wiegte ihren Oberkörper fast so anmutig und aufreizend wie die Siebzigjährigen am Mikrophon.
Dem Stadtschreiber wurde warm. Er begann zu schwitzen. Schon nach dem ersten Bier lief ihm zum dritten Mal an diesem Tag das körpereigene Wasser den Rücken herunter und er war sich nicht sicher, ob sein Körper so viel davon entbehren konnte.
Es blickte zu den Fenstern, in der Hoffnung, dass sich etwas frische Luft vor dort bis zu seinem Tisch ausbreiten könnte, doch sie waren geschlossen. Aber die Tür wurde gerade aufgestoßen und ein stattlicher, offenkundig trainierter Bergwanderer mit obligatorischem Bart trat herein, nur dass er seiner Hülle nicht wirklich entsprach. Er war blass bis grün im Gesicht, die Augen funkelten fiebrig und er sah gehetzt aus, obwohl er sich ganz langsam bewegte.
Interessant, dachte der Stadtschreiber, ein depressiver, neurotischer Bergsteiger oder vielleicht auch ein intellektueller Landwirt. Einer, der seinen Zimmerschlüssel oder seinen Rucksack im Restaurant vergessen und gerade den Verlust bemerkt hat. Jetzt ist er natürlich entsetzt, weil in der Tasche alles drin war, das wichtig ist: das Geld, die Schlüssel und die eigene Identität. Aber der Bergsteiger zeigte keine Anstalten, nach seiner verlorenen Identität zu suchen. Er stellte sich an den Rand und schaute düster. Der Stadtschreiber verlor das Interesse an ihm und da ihn auch kein anderer Besucher zu kleinen Geschichten inspirieren konnte, konzentrierte er sich auf die Musik und tauschte mit seiner Mutter freundliche Blicke aus.
Ein Lodenmantelträger sang ein Stück über Seefahrer und ihre Frauen, die zu Hause auf deren Rückkehr warteten. Und weil er seine riesige Nase und seine großen dunklen Augen dauernd auf die Fenster richtete, als könnte er auf der Straße das Meer sehen, tat es der Stadtschreiber ihm nach. Und je länger er dort hinsah, um so größer wurde sein Bedürfnis nach frischer Luft.
„Ich gehe mal kurz raus“, sagte er zu seiner Mutter, die flüchtig nickte, vermutlich ohne ihn verstanden zu haben, und sich wieder ihrem seligen Taumel hingab. Der Stadtschreiber quetschte sich durch die mit Menschenleibern vollgestopfte Kneipe und versuchte, an der Wand entlang die Tür zu erreichen, was einfacher war als gedacht, weil der depressive Bergsteiger gerade den gleichen Gedanken hatte. So musste er sich nur in seinen Raumschatten hängen und durch den bereits gepflügten Korridor gehen. Doch in dem Moment, in dem er sich mit ihm durch die geöffnete Tür drängen wollte, gab der Wandersmann dieser einen unvorhergesehenen Stoß, sodass sie ihm beinahe gegen den Kopf geschlagen wäre. Empört begann sich der Stadtschreiber zu entrüsten. „Mensch, passen Sie doch besser auf! Fast hätten Sie mir die Tür ins Gesicht geworfen.“ Doch er dachte seine Anklage so leise vor sich hin, dass der Bergsteiger davon nichts mitbekam. Unverletzt stand er schließlich im Freien und sah dem Bergsteiger hinterher, der hastig die Straße überquerte und im gegenüberliegenden Hotel verschwand.